Geführt haben die Gespräche, die in den Räumen des Caritasverbandes stattfanden, die Geschäftsführungen der sechs Wohlfahrtsverbände des Landkreises (Arbeiterwohlfahrt, Caritasverband, Diakonisches Werk, Deutsches Rotes Kreuz, Jüdische Gemeinde und der Paritätische Wohlfahrtsverband). Im Vorfeld haben die Gäste folgende zwei Fragen mit kurzen Statements beantwortet.
1. Was sollte das neu gewählte Europäische Parlament als erstes umsetzen?
2. Was ist Ihre wichtigste sozialpolitische Forderung?
Anna Peters von den Grünen war die erste Gesprächspartnerin. Die Grüne setzen sich für eine strategische europäische Investitionspolitik ein, die dafür sorgt, dass sich Europa im Rennen um den ersten klimaneutralen Wirtschaftsstandort der Welt durchsetzt. Zudem müssen sich die Menschen in Europa gerade in Krisenzeiten darauf verlassen können, dass sie wirksam vor Armut und sozialer Ausgrenzung geschützt werden. Mit der europäischen Mindestlohnrichtlinie soll der Mindestlohn in Deutschland auf rund 14 Euro steigen.
Der Kandidat der FDP, Dirk Meyer sieht dem Abbau von Bürokratie in der EU als vorrangige Aufgabe. Das ist unerlässlich, um Unternehmen zu entlasten und Innovationen zu fördern. Gleichzeitig sollte der Binnenmarkt harmonisiert werden, um Handelshürden abzubauen und die Wettbewerbsfähigkeit Europas auf globaler Ebene zu steigern. Seine wichtigste sozialpolitische Forderung ist die Schaffung eines modernen und flexiblen Arbeitsmarktes.
Vivien Costanzo, Kandidatin der SPD, meint, dass die EU ein Erfolgsprojekt ist. Damit das so bleibt, brauchen wir Reformen, wie beispielsweise ein Initiativrecht für Gesetze für das Europäische Parlament. Mehr EU-Kompetenzen auch in der Sozialpolitik sorgen für eine Angleichung der Lebensverhältnisse. Hier profitieren wir direkt: Solange Europa erfolgreich ist, sind wir es auch. Das bedeutet konkret die Einführung von gemeinsamen Mindeststandards für Grundsicherungssysteme oder eine gemeinsame Wohnraumstrategie.
Von den Linken nahm Alexander Kauz an den Einzelgesprächen teil. Er weist darauf hin, dass Armut und soziale Ungleichheit in Europa zunehmen. 20 Prozent der Europäer*innen sind von Armut bedroht. Das sind über 95 Millionen Menschen, davon 20 Millionen trotz Beschäftigung. Gleichzeitig besitzen die reichsten 10 % der EU-Bevölkerung rund 61 Prozent des Gesamtvermögens. Die ärmere Hälfte - also 50 Prozent - besitzt nur rund 2,3 % am Gesamtvermögen. Dieses Missverhältnis will er ändern. So sollen alle Beschäftigten durch Tarifverträge geschützt sein und der Mindestlohn muss auf 15 Euro erhöht werden.
Norbert Anton Schnee von der CDU will sich im neu zusammengesetzten Europaparlament für eine Friedensinitiative für die Ukraine stark machen. Sozialpolitisch will er sich für die Schaffung von Wohnraum einsetzen und die Bildung von Wohneigentum, besonders auch für junge Familien, ermöglichen.
Alle Teilnehmenden sind leidenschaftliche Europäer und wollen die soziale und wirtschaftliche Weiterentwicklung der EU. Für die Liga der freien Wohlfahrtspflege, die selbst häufig von der EU geförderte Projekte durchführen, waren es interessante Gespräche und die differenzierten Statements zeigen durchaus inhaltliche Unterschiede, von denen die Demokratie lebt.